Nachruf für die Abschiedsmesse in der Kirche am 21.4.2016
vom Martin Wolf

Inge Wolf, unsere Mama…

2010 08 04 21 53 11k

Weltoffen und Kulturinteressiert zog es unsere Mama immer in die Welt hinaus. Ihre Reisen führten sie auf alle Kontinente der Erde. Mit einem Postschiff ans Nordkap, dem Rad durch China, zur Hochzeit nach Indien, zu den Ritualen der Schamanen in Nordamerika, den alten Weisheiten der Inkas, per Schiff durchs Eismeer, hoch hinauf in die Länder des Himalayas, mit dem Wohnmobil durch Australien, mit einer privaten Gruppe durch Ecuador und Nicaragua oder gemütlich auf die Südseeinseln.


Dabei war es nicht das Reisen selbst, sondern vielmehr das Tiefe Kennenlernen der Kulturen, das Verständnis für eine Andersartigkeit und deren Bräuche, die sie antrieb und so zu einem ungewöhnlich reichen Schatz an Kultur- und Völkerwissen machte.


Wenn sie von ihren Fernreisen heimkam, konnte man sich oft fragen: Wo ist denn ihre Heimat? Eine Nacht in Feldkirch und schon verschwand sie auf den Stein – die Ferienhütte im Großen Walsertal, wo sie seit fast 40 Jahren ein zweites Zuhause fand, in einem ganz speziellen Umfeld geprägt von Natürlichkeit, weit abseits von Stress und Hektik.


Oder es zog sie nach Wien, in ihre Kunst- und Kulturheimat. In ihre geliebte Stadtwohnung die mit Erinnerungen aus 50 Jahren gefüllt ist. Dort wo der Aufbau der Familie und der Firma begann und sie ein Flair von Großstadt empfand. Oder aber Italien. Vor 6 Jahren konnte sie sich einen Traum erfüllen und eine Doppelhaushälfte oberhalb des Lago Maggiore kaufen. Als wir sie mal in Luino besuchten meinte sie: „Weißt du, wenn ich hierherkomme, fühlt es sich an wie nach Haus zu kommen.“


Die italienischen Wurzeln kommen über ihre geliebte italienische Oma, durch die sich auch zweisprachig groß geworden ist. Mama wuchs in der Nachkriegszeit in Feldkirch auf und erlernte den Beruf einer Lehrerin. 1966 heiratete sie unseren Vater und entschied sich damit statt der Karriere zur Direktorin die Unternehmer-Laufbahn einzuschlagen. Sie unterstützte unseren Vater beim Aufbau seiner Firma und baute schließlich ab 1971 ihre eigene Firma FACTS als Dienstleistungsfirma für Veranstaltungstechnik auf. Der Bestand und die Sicherheit dieser Firma war 1994 auch ein wesentlicher Baustein, der uns die Gründung von WolfVision ermöglichte. 2002, als die erste Enkeltochter auf die Welt kam, entschied sie sich zur Rolle der hauptberuflichen und leidenschaftlichen Oma.


Über allen Stationen ihres Lebens steht dabei immer helfen und unterstützen in einer ganz besonderen Art. Egal ob Schüler, Kunde, Mitarbeiter, Freunde, Bekannte oder Verwandte, jeder wurde umsorgt und betreut.


Oftmals hatten wir familienintern „heftige“ Konflikte, wenn unsere Mutter wieder Einladungen aussprach, unzählige Dinge dafür benötigte, uns alle einteilte und zudem noch forderte, dass alles perfekt sein muss. Ich musste schon recht alt werden, um zu erkennen, wo denn darin der Sinn liegt. Irgendwann erkannte ich, dass sich meine Mutter mit dieser scheinbar perfekten und immer besonderen Vorbereitungen selbst das größte Geschenk macht. Sie zauberte sich selbst in ein Umfeld der besonderen Art und ließ schließlich die Gäste daran teilhaben. Etwas, das wohl jeder spüren konnte.


Vor einigen Wochen unterhielt ich mich mit meiner Mama darüber, wie es war als sie Ender der 60er nach Wien übersiedelten. Dabei funkelten ihre Augen und sie erzählte von der Erfahrung, Belastungen hinter sich zu lassen. Sie beschrieb ihre damaligen Gefühle und ich spürte diese Leichtigkeit und Freiheit, von der sie sprach.


Die letzten Tage an ihrem Krankenbett hörten wir von den Ärzten immer wieder von den Umstellungen im Leben, die unsere Mutter im Falle einer Genesung vor sich haben wird. Ganz schön heftige Einschränkungen, Mühen und Konsequenzen für einen Menschen wie unsere Mama.


Wahrscheinlich erkannte sie selbst ihre kommende Zukunft und vielleicht erinnerte sie sich an das Gefühl, das sie hatte als sie mit unserem Vater nach Wien übersiedelte. Auf jeden Fall bin ich mir sicher, dass sie wieder auf einer Reise ist, die sie in Leichtigkeit, Freiheit und Frieden führt.


Mama, vielen Dank für all deine Liebe und Güte. Alles Gute für deine letzte Reise.

 

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